Mülheimer Ausbildungs-Coaches

Der Übergang von der Schule in die duale Ausbildung bleibt trotz des aktuellen Lehrstellenüberhangs für viele Jugendliche eine große Herausforderung. Laut Berufsbildungsbericht 2024 stieg die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen 2023 auf 73.400, gleichzeitig blieben 26.400 Bewerber:innen ohne Ausbildungsplatz. Gründe dafür sind die unübersichtliche Vielfalt an über 320 Ausbildungsberufen, unzureichende persönliche Orientierung sowie eine Diskrepanz zwischen schulischen Leistungen und betrieblichen Anforderungen.

Viele Jugendliche fühlen sich von den bestehenden Unterstützungsangeboten der Schulen und Arbeitsagenturen nicht erreicht. Besonders jene, die wenig familiäre Unterstützung erfahren, benötigen frühzeitige, individuelle und niedrigschwellige Begleitung, um den Weg in eine Ausbildung erfolgreich zu meistern.

Hier setzt das Projekt „Mülheimer Ausbildungs-Coaches“ an. Es bietet eine eng mit dem schulischen Alltag verzahnte, flexible und unabhängige Unterstützung in Berufsorientierung, Bewerbungsphase und Übergang zur Ausbildung. Das Konzept wurde in einem Pilotprojekt an einer Mülheimer Realschule erfolgreich erprobt und soll nun auf weitere Schulen ausgeweitet werden.

Die ehrenamtlichen Coaches stellen sich allen Schüler:innen der neunten Klassen vor und sind regelmäßig an den Schulen präsent. Sie bieten wöchentliche offene Sprechstunden an, in denen Fragen zur Berufswahl, Bewerbung oder auch persönliche Themen in geschütztem Rahmen besprochen werden können. Zusätzlich finden praxisorientierte Workshops in Kleingruppen statt – in der Schule, in Betrieben, auf Ausbildungsmessen oder im Berufsinformationszentrum (BIZ).

Das Projekt baut auf Vertrauen und Freiwilligkeit. Jugendliche können mit den Coaches individuelle Coaching-Vereinbarungen treffen, die Ziele, Maßnahmen und Dauer der Begleitung festlegen. Diese reicht je nach Bedarf von wenigen Wochen bis zu maximal 18 Monaten und kann unterschiedliche Phasen umfassen – von der Berufsentscheidung über die Bewerbung bis zur Ausbildungspatenschaft.

Eine enge Vernetzung mit bestehenden Förderprogrammen ist fester Bestandteil des Konzepts. Dazu gehören schulische Maßnahmen wie „Kein Abschluss ohne Anschluss (KAoA)“ sowie betriebliche Initiativen wie „Ich pack das“ (RWE) oder das Partnerschulprogramm von Siemens.

Die ehrenamtlichen Coaches werden sorgfältig ausgewählt, umfassend qualifiziert und durch eine hauptamtliche Projektleitung begleitet. Regelmäßige Austauschtreffen dienen der Reflexion, Weiterbildung und Qualitätssicherung. Als unabhängige „helfende Dritte“ bringen die Ehrenamtlichen Berufs- und Lebenserfahrung, Geduld und persönliche Kontakte ein. Sie fördern Motivation, Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen der Jugendlichen und geben praxisnahe Impulse für den Berufseinstieg.

Zielgruppe sind insbesondere Jugendliche mit schwächeren schulischen Leistungen, sozialen Schwierigkeiten oder Migrations- bzw. Fluchthintergrund. Sie profitieren in besonderem Maße von individueller Unterstützung, entwickeln realistische berufliche Perspektiven und verbessern ihre Chancen auf einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss.

Zielsetzung und Umsetzung:
Das Programm soll an mindestens drei weiterführenden Schulen in Mülheim umgesetzt werden. Bis zu 20 Ehrenamtliche sollen rund 800 Förderstunden leisten. Damit werden alle Schüler:innen der neunten Klassen über offene Angebote erreicht, mindestens 150 von ihnen aktiv beraten und rund 25 individuell begleitet. Das Projekt kooperiert eng mit Berufsberater:innen, dem Bildungsbüro, dem U25-Haus und der Arbeitsagentur.

Prävention und Qualitätssicherung:
Ein zentrales Element ist das Kinder- und Jugendschutzkonzept. Alle Ehrenamtlichen absolvieren Schulungen, verpflichten sich zu einem Verhaltenskodex und reflektieren das Thema regelmäßig in Austauschtreffen.

Nachhaltigkeit:
Nach der intensiven Aufbauphase arbeiten viele Ehrenamtliche über Jahre hinweg kontinuierlich weiter. Die hauptamtliche Begleitung durch das CBE (Centrum für bürgerschaftliches Engagement) kann dadurch langfristig reduziert werden. So entsteht ein stabiles, dauerhaft tragfähiges Netzwerk zur individuellen Förderung von Jugendlichen beim Einstieg in die duale Ausbildung.

Die Stiftung unterstützt das Projekt bis Juni 2026.