Mädchenzentrum Gelsenkirchen: Aufbruch in ein selbst bestimmtes Leben – ein Projekt mit „langem Atem“!

 

Nun liegt auch der Abschlussbericht des von der Anneliese Brost-Stiftung in den Jahren 2013 – 2016 geförderten Projektes des Mädchenzentrums Gelsenkirchen mit dem Titel „Aufbruch in ein selbstbestimmtes Leben“ vor und natürlich mit einer weiteren Erfolgsgeschichte von einer Teilnehmerin, Frau T. über einenMietvertrag mit Hindernissen

Einige Auszüge aus dem Abschlussbericht:

Junge Menschen mit Behinderung werden nach dem Abschluss der Förderschule in die Selbstständigkeit entlassen. Sie verlassen den Schutzraum „Schule“ und stoßen auf unterschiedliche Barrieren bei der Bewältigung ihres Alltags als erwachsene junge Frauen, freie Entscheidungen werden ihnen oft abgesprochen. Bezogen auf diese Ausgangslage fanden vorab Informationsgespräche mit Fachkräften in Schulen und Einrichtungen der Behindertenhilfe statt. Der Kontakt zu engagierten Frauen mit Behinderung als „Vorbilder“ für die Mädchen ging der Themenerarbeitung voraus. Das Projekt endete mit der Begleitung in der Phase der Verselbstständigung.

Ein intensives Angebot wurde entwickelt, das sich an Mädchen und junge Frauen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen im Alter von 15 bis 18 Jahren richtete und im Zeitraum
von 2013 bis einschließlich März 2016 stattfand. Die Gruppengröße bewegte sich im Rahmen von 8 bis 10 Teilnehmer*Innen.

Methodisch setzte sich das Projekt aus Gruppen- und Einzelangeboten zusammen, aus der Arbeit mit den Familien und Schulen, sowie der Begleitung zu Praktika und dem Angebot der persönlichen Assistenz. Inhaltlich wurden sieben Themenfelder herausgestellt und mit den Projektteilnehmerinnen erarbeitet.

Der Weg in die Arbeitswelt geht meistens von der Förderschule direkt in die Werkstatt. Der Arbeitsmarkt sollte sich für neue Berufsfelder öffnen, orientiert an den Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen. Das Eingangsverfahren zur Berufsfindung muss optimiert werden. Praktika
erleichtern bereits das Auswahlverfahren und positive Beispiele zeigen, dass die Werkstatt auch als Sprungbrett für den Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt genutzt werden kann. Einige gute Beispiele liefern Einzelhandelskaufmärkte, Restaurants und Gärtnereien.

Die Teilnehmerinnen fordern eine Persönliche Assistenz um möglichst selbstständig zu agieren, und möchten eine qualifizierte Betreuung zur Pflege und Therapie. Intimität muss gewahrt werden. Zur Steigerung der Lebensqualität wurde die Möglichkeit zum Persönlichen Budget und zur Verwaltung des eigenen Geldes als sinnvoll angenommen, gegen Bevormundung, manchmal sogar Entmündigung, und für Beteiligung an Entscheidungen. Dieses Themenfeld wurde in leichter Sprache erarbeitet.

Die Abnabelung vom Elternhaus ist für junge Menschen mit Handycap besonders problematisch, sie sind teilweise über behütet aufgewachsen, streben aber nach einer altersgerechten, freien Entfaltung in einem eigenen Haushalt. Verschiedene Wohnmodelle wurden im Rahmen des Projektes vorgestellt und besichtigt. Im Bereich der Mobilität beschreiben die Teilnehmerinnen immer noch bestehende Barrieren im ÖPNV, in Restaurants, beim Toilettengang etc. Ein Überblick über barrierefreie Einrichtungen in Gelsenkirchen wurde gemeinsam erstellt.

Die Mädchen beschrieben einen Trend zu stereotypen Rollenbildern von Frauen und Männern, die selbstbestimmtes Leben negativ beeinflussen. Junge Frauen mit Behinderung sind in den Medien kaum vertreten, das Schönheitsideal geht immer noch in Richtung Perfektion. Mädchen mit Behinderung finden sich hier nicht wieder, sind unsichtbar, haben aber den Wunsch ihre ganz persönliche, individuelle Ausstrahlung zu zeigen. Porträtfotos im Rahmen des Projektes stellten jede Teilnehmerin in den Fokus.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Verselbstständigung ein Prozess mit vielen Bausteinen ist, die weiterhin optimiert werden müssen. Frauen mit Behinderung wollen ihren eigenen, persönlichen Weg gehen. Die Gesellschaft muss sie begleiten, unterstützen und ihre Entwicklung möglich machen.

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